April 26, 2018

Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz in Frankfurt, Dezember 2017

Das Prostituiertenschutzgesetz wurde -zu Recht- erneut kritisiert. Auch die Kritik an der zögerlichen Haltung der Landesregierung, auf deren Rechtsverordnung die Kommunen warten müssen, teile ich. Die Vorbehalte gegenüber der Installierung des Fachbeirates in Frankfurt sind jedoch unbegründet. Warum, dazu habe ich im Dezember 2017 noch einmal gesprochen.

Stadtverordnete Ursula auf der Heide, GRÜNE:

Herr Vorsteher,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Zu ein paar Punkten möchte ich noch etwas sagen. Die Gesetzeskritik ist heute schwerpunktmäßig nicht auf der Tagesordnung. Ich hatte mich dazu auch schon geäußert. Wenngleich es dann doch absolut überraschend und auch etwas befremdlich ist, welche Fraktion die Originalposition der Gesetzeskritik von Dona Carmen übernimmt. Das ist eine größere Überraschung. Zu dem Fachbeirat und dem, was auch Herr Wehnemann gesagt hatte: Der Fachbeirat hat zweierlei Aufgaben, nämlich erstens die Umsetzung des Gesetzes und zweitens die Vorgabe von Standards für die Sexarbeit in Frankfurt insgesamt über die Umsetzung des Gesetzes hinaus. Selbstverständlich geht es nicht nur um den Teil der Zwangsprostituierten, sondern es geht um möglichst alle, die in dem Bereich Sexarbeit tätig sind. Herr Wehnemann, es geht nicht nur um Frauen und Mädchen, sondern auch um den nicht unbeträchtlichen Teil von Männern, jungen Männern, die in der Sexarbeit tätig sind.

 

Warum kann die Verwaltung nicht einfach loslegen? Warum ist es sinnlos? Wir brauchen zunächst die Ausführungsbestimmungen des Landes. Sie sollen noch vor der Sommerpause kommen. Das ist das, was ich gehört habe. Es werden Dinge vorgegeben sein, die wir brauchen, bevor wir in die falsche Richtung marschieren. Es wird auf Bundesebene festgelegt werden, wie der Ausweis auszusehen hat und welche Druckereien fälschungssichere Ausweise produzieren werden. Diese Details werden auf Bundesebene geregelt. Es wird vom Land zu entscheiden sein, und ich hoffe, es wird in diese Richtung entschieden, ob Beratung auch beauftragt werden kann. Also, muss es durch das Ordnungsamt oder das Gesundheitsamt sein oder können das auch andere Stellen, wie NGOs oder, das wurde im Haupt- und Finanzausschuss gesagt, die Aids‑Hilfe, machen? Das muss das Land entscheiden. Das können wir als Kommune nicht autonom festlegen. Es ist insbesondere für Frankfurt wichtig. Es wird zu regeln sein, welche Qualifikationen für die Personen, die diese Beratungen durchführen, erforderlich sein werden. Welche Schulungen werden obligatorisch vorgegeben? Das sind Dinge, die auf Landesebene vorgegeben werden müssen und bei denen wir nicht aus Übereifer einfach loslegen können. Ganz wichtig ist doch, dass wir möglichst länderübergreifende Regelungen schaffen. Wir wissen, dass viele Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, das ist sozusagen branchentypisch, sehr mobil sind. Drei Monate hier, dann drei Monate in einer anderen Stadt, sozusagen in allen deutschen Großstädten unterwegs. Wenn wir dann 15 verschiedene Systeme schaffen, ohne uns die Zeit zu nehmen, sie aufeinander abzustimmen, wäre das völlig unproduktiv. Das Gesetzeswerk ist für eine Verwaltung in der Tat außerordentlich herausfordernd. Das möchte keiner bestreiten. Bei vielen Regelungen greifen wir uns an den Kopf. Uns fehlt das Vorstellungsvermögen, dass zum Beispiel die Besitzerin eines Escortservice mit ihren Mitarbeiterinnen einmal im Jahr im Ordnungsamt auftaucht, sich eine Nummer zieht und wartet. Das sind Dinge, die durchdacht werden müssen. Dazu haben wir im Fachbeirat genau die Leute, die das empfehlen können. Wir laufen sonst komplett in die falsche Richtung. Zum Beispiel ist es in der Tat so, dass Bordellbesitzer aus gutem Grund erhebliche Auflagen zu erfüllen haben, einen riesigen Aufwand zu betreiben haben. Man kann sagen, das ist wunderbar, dann kriegen die endlich die Karte gezeigt und die Kriminellen schicken wir nach Hause, die bekommen die Genehmigung nicht. Aber das sind keine heurigen Hasen, die keine Ahnung von dem Geschäft haben. Das heißt, wir müssen Lösungen finden, die funktionieren, mit denen wir das Ziel erreichen, und nicht ein gigantisches Räuber‑und‑Gendarm‑Spiel organisieren, bei dem geschaut wird, wer ist schlauer, wer hat es als erster kapiert, die Bordellbetreiber oder die Verwaltung. Deswegen ist es sehr, sehr wichtig und sehr gut, dass wir einen Fachbeirat haben werden. Dieser hat eine beratende Funktion. Wenn Sie den Antrag richtig gelesen haben, Herr Dr. Schulz, dann sehen Sie, dass auch Beiträge der Ämter einfließen, das heißt, die Ämter bringen selbstverständlich ihr Know‑how und auch die Interessen der Stadt ein. Es ist nicht so, dass die NGOs die Vorgaben diktieren, wie wir das umsetzen sollen. Es gibt ein Miteinander in der Hoffnung, dass wir diesen Verwaltungsmoloch so organisieren, dass wir uns nicht unnötig bei der Sache im Wege stehen. Das ist der Hintergrund.

 

Vielen Dank.

 

(Beifall)